Israelsolidarität: ein projektives Projekt

Adorno warnte oft davor, den Antisemitismus bei seinem Wort zu nehmen. “Seine Substanz”, betonte er, hat “gar nicht an den designierten Feinden”. Es handelt sich dabei “um projektive Momente.” (Aspekte des neuen Rechtsradikalismus, 1967) Diese Projektion hallt nun bei der Antisemitismusbekämpfung wider.

Es ist kein seltenes Phänomen, dass man im Kampf gegen einen Gegner sich ihm in gewissen Dingen angleicht. (Auch das hat Adorno zuweilen erwähnt, wenn ich mich nicht irre.)

So werden die vermeintlich designierten Feinde des Antisemiten – aber nicht alle Jüd*innen der Welt gleichermaßen, sondern vor allem der Staat Israel – rein projektiv beschützt: nicht ihrer Realität wegen, sondern deswegen, was sie für einen symbolisieren. Ja, gerade diese ungleiche Beschützung des vermeintlichen jüdischen Kollektivs, die in der Tat die Beschützung des Staates Israels als Stellvertreter des vermeintlichen Kollektivs, ist an sich schon projektiv und ideologisch.

Die deutsche Israelsolidarität, in Widerhall des deutschen Antisemitismus, der mit ihr bekämpft werden soll, steht nicht mehr für die konkrete Opfer des AS ein, als er wiederum in ihnen seine Substanz findet. Sie ist genau wie er ein durchaus projektives, ideologisches Projekt.