“Israelsupport” ist nie politisch neutral

Eine geliebte Spielart der “Israelsupporter” ist zu behaupten, sie wollen sich nicht in seine Politik einmischen, sondern nur den Staat Israel als Ganze in Schutz nehmen.

Klingt vielleicht in Ordnung, ist aber zutiefst verkehrt. Ein paar Einwände dagegen.

Der wichtigste Einwand geht an die Vorstellung einer israelischen Demokratie überhaupt. Es wird ja behauptet, der Staat Israel ist eine funktionierende Demokratie, die für sich legitim entscheiden kann, wie sie sich weiter entwickelt.

Aber unter diesem Staat leben Millionen ohne Stimmrecht.

Man kann nicht ernsthaft leugnen, dass Israel über die Schicksäle von Millionen Menschen in Westjordanland, Ostjerusalem, und Gaza entscheidet; diese Menschen sind aber von der israelischen “Demokratie” absolut ausgeschlossen. Die Entscheidung über sie, ohne sie, ist illegitim, oder zuallermindest undemokratisch.

Dagegen wird manchmal erwidert, dass die Palästinenser:innen sich selbst regieren über die palästinensische Autonomiebehörde. Diese hat aber zum letzten mal 2006 Wahlen gehalten, und ist eben ohnehin lange kein souveräner Staat; die palästinensische Bevölkerung zahlt selbst Steuern an die PA über Israel.

Ein weiteres Problem ist die Vorstellung, die “Unterstützung von Israel als jüdischer Staat” sei eine neutrale Positionen der internen israelischen Politik gegenüber. Das ist sie bei weitem nicht. Die Auslegung und der Stellenwert des “Jüdischseins” des Staates ist mit eine der zentralsten Fragen der israelischen Politik. Selbst unter denen, für die der jüdische Charakter des Staates an sich nicht verhandelbar ist, gibt es einen heftigen Streit darüber, was das überhaupt bedeutet – und ob und wie das mit Demokratie vereinbar ist.

Freilich wird bei der Bekennung zu “Israel als jüdischer Staat” nur die hegemoniale Position unterstützt, das macht sie aber nicht neutral. Man stärkt gerade dabei gewisse Kräfte.

Und ein letztes Problem ist die Vorstellung, die israelische Politik sei ein in sich geschlossenes System. Diese Vorstellung ist schon wieder nicht haltbar.

Es fliesst Geld von aller Welt in verschiedene politische Projekte im Staat Israel: manchmal progressive aber verhältnissmäßig vor allem rechte Projekte, wie die Siedlungen im Westjordanland.

Abgeshen von den Geldern sind wie anderswo, und wahrscheinlich mehr als sonstwo, auch unzählige fremde politische Akteure zwischen Fluss und Meer aktiv – was an sich kein Problem sein muss.

Nun, der Staat Israel stellt sich gerne als unabhängig und selbständig dar, ist in der Tat aber wie jedes Land heutzutage in komplexen internationalen Netzwerken, Prozessen, und multidirektionalen Verhältnissen verwickelt. Nichts in dieser Welt bleibt unverändert und der Staat Israel sowieso nicht. Er entwickelt sich stets weiter, und kann sich in viele unterschiedliche Richtungen auch entwickeln. Darum kämpfen zahlreiche Kräfte vor Ort und darauf wird von überall auf der Welt Einfluss genommen.

Wenn man zu Israel-Palästina Stellung nimmt, stärkt man dabei immer irgendeine Entwicklungsrichtung. Euer Support ist nie neutral. Wer den Status Quo unterstützt, stärkt somit die konservative und reaktionäre Kräfte vor Ort – egal wie oft man das Wort “Demokratie” vor sich hin plaudert.