Harald Welzer – Alles könnte anders sein

Eindrücke beim Lesen von “Alles könnte anders sein” von Harald Welzer:

S. 24 ff.,

Ich habe die ersten Kapitel nur so verschlungen, dieses gute Gefühl beim Lesen, einfach toll! Errinert mich bisschen an “positive news/constructive journalism” (Dazu gibt es ein cooles TED Video von Maren Urner https://www.youtube.com/watch?v=ZlcV7KYglWI ) – eine Abwechslung zu den ganzen Schreckensmeldungen in den Nachrichten. Wobei ich eh immer mehr so der Typ war, der Nachrichtenheadlines nur überfliegt, aber sich dann lieber in ein 5 Seiten langen Feuilleton Artikel vertieft (Funfacts dazu vom “SpiegelMining”: https://www.youtube.com/watch?v=-YpwsdRKt8Q ) Interessant fand ich auch die Erwähnung von Pinker und Harari. Wahrscheinlich wurden genau diese hier gewählt, weil sie so Gegensätzlich erscheinen. Beides sehr wichtige Autoren, die den Zeitgeist treffen, jeder auf seine eigene Art. Harari wollte ich schon immer lesen, seine Thesen finde ich interessant. Jedesmal, wenn ich im Zug jemanden eines seiner Bücher lesen sehe, bin ich kurz davor die Person anzusprechen und auszufragen, aber dann denke ich mir, dass ich eigentlich lieber selbst erstmal lesen sollte und es ja in der onleihe app schon auf der Wunschliste ist und quasi nur ein klick entfernt. Also starre ich bloß doch nur auf mein Handy, um noch schnell meiner Mutter zu antworten, bevor ich die nächste Station aussteigen muss :D Pinker dagegen puh, schwierig die richtigen Worte zu finden. Ein guter Freund ist begeistert von ihm und hat mir sogar schon daraus vorgelesen. Meine persönliche Meinung: Als Wissenschaftler/Professor in seinem Fachgebiet schätze ich ihn sehr und habe schon sehr interessante Vorträge von ihm gehört, jedoch ist er auch tief in diesen Biologie/Gender/Gene-Debatten drin, die mich einfach nicht so sehr interessieren. Interessanter finde ich dagegen die neuste App, die sich zB gegen Lebensmittelverschwendung einsetzt (tooGoodToGo) :) Wenn ich Pinker höre, fallen mir direkt zwei weitere Namen ein: Peterson (den ich unausstehlich finde, so als Gegenpol zu Zizek) und Rubin von Rubin Report (der eine nervige Stimme hat, jedoch manchmal interessante Themen bespricht). Bin ganz gespannt, was noch kommt in diesem Buch!

S. 49 ff.

Den Abschnitt mit diesen Täuschungen fand ich langweilig... Nachtrag: später wird's besser ;)

S. 52 ff., “Mythen”

hat sich etwas gezogen, auch wenn mir sein Humor gefällt (“Die Wirklichkeit ist eine Illusion, die durch Mangel an Alkohol entsteht”).

S. 70 ff., “Zeit für Wirklichkeit”

“[So] hätte man [vor 50 Jahren] lernen können vom Pekinger Fahrradverkehr, kubanischen Energiesystem, von indischer Ernährungsweise, von samoanischem Fischfang, von appenzeller Almwirtschaft, von bregenzerwälder Holzbau” Hehe, da steckt sooo viel in diesem Absatz, richtig cool :) Allein zu Kuba fallen mir direkt zwei coole Dokus ein, “How Cuba Surviced Peak Oil” (unbedingt schauen) und “Cuba – nostalgia and change” (von DW, wenn man noch mehr sehen will :D )

S. 75

Das ist einfach nur eine krasse Story von Lutz Beisel, der Vietnamkinder gerettet hat! Hut ab!

S. 88

Buchempfehlung zu “...Ermöglichungsbedingungen der Freiheit”, Lisa Herzog – Freiheit gehört nicht nur den Reichen, dort spricht sie von 3 Freiheiten: die Positive, die Negative und die Republikanische Freiheit (Die letztere Beschreibt Teil der Entscheidungsfindung bzw. einer formbaren Gesellschaft sein zu dürfen). (Papst Franziskus – überragende Ansprache) “... Die Liste hat eine gewisse Willkür, aber irgendwo muss man ja anfangen” haha der Welzer ist schon eine coole Socke, ich mag seine direkte Art :D

S. 95

Da muss ich an Bernhard Schlink, der Vorleser denken – ähnliche Thematik mit lebendigen Charakteren

S. 116 (davor und danach), Arbeit und Markt und Platformkapitalismus und Co.

Ein weiterer positiver Aspekt fehlt: Nicht nur die Schwere, als auch die Menge der klassischen Arbeit wird weniger. Das hat positiv betrachtet zur Folge, dass “Kapazität” frei wird, z.B. um Nachhaltigkeitsbücher zu schreiben. Natürlich nur, wenn das Frei-Werden im Sinne des Strukturwandels sozialkonform geschieht. Wir sollten auch nicht die sonst so überbewertete “Effizienz” als Teil Paechs Nachhaltigkeitsdefinition vergessen. Auch glaube ich fest, dass es nicht zu wenig Arbeit geben wird. So sollte man sich zB Forschung, Gesundheit und Bildung anschauen – jede zusätzliche Hand bzw. jeder zusätzliche Kopf kann hier einen wesentlichen Beitrag für die Gesellschaft leisten! (Oder aber zu mehr Unsinn, haha bezogen auf Einschub mit den Laptops im Flugzeug, S. 118. Es ist lustig, weil es soo stimmt!) Es geht direkt weiter, S. 119 – S. 123, sehr geiler Abschnitt, das mit den Benediktinerkloster. (Nachtrag: Später im Buch erwähnt er auch die positive Seiten von z.B. Automatisierung, Digitalisierung und selbstfahrenden Autos!)

S. 124 – 129, Endlich Nachhaltigkeit

“Nachhaltigkeit beschreibt eine Wirtschaftsform, die ihre eigenen Voraussetzungen nicht konsumiert” – sehr schöne Definition :) Und ebenso grandios endet der Abschnitt, “Nachhaltig sind wir erst, wenn es den Begriff nicht mehr gibt”. Errinert mich an meinen Indienaufenthalt 2017: eine Tankstelle, die ganz groß damit geworben hat, dass es bei ihr “high quality fuel” zu kaufen gibt. Wirkte im ersten Moment ein wenig abschreckend... wenn es high quality fuel zu geben scheint, gibt es dann auch gepanschtes bad quality fuel? Scheint wohl ein Thema/Problem in der indischen Gesellschaft sein, sonst würde man es wohl nicht erwähnen, oder?

S. 130, Lego 6 Gerechtigkeit

Als ich den Titel gelesen habe, dachte ich nur, boa das ist doch voll ausgelutscht das Thema, aber dann bringt er im zweiten Satz einfach mal ein Youtube Video Link – haha, ich feier den Harald! Unbedingt anschauen, lustiges Affenvideo xD

S. 132 oben

Interessant, wusste gar nicht, dass der Welzer EU und so internationale Teile gut findet. Paech hat immer ein sehr großen Wert auf regionale Souveränität gesetzt... interessanter Gegensatz

S. 132, Lego 7 Gemeinwohl-Ökonomie

Sehr coole Sache! Der Carsharing-Anbieter Stadtmobil Rhein-Neckar hat sich freiwillig der Gemeinwohlökonomie verpflichtet. Ebenso Vaude und die Krankenkasse BKK ProVita.

S. 166, Lego 14 Institutionen

Ah Niko Paech und Postwachstumsökonomie, cool, dass er es anspricht. Interessant, dass er Paechs Idee weiterdenkt bzw. auf die Notwendigkeit von supranationalen/internationalen Gebilden hinweist . Als glühender Europäer und großer Freund der UN, kann ich dem nur zustimmen! “Think globally, act locally” Nachtrag: Nach den Legos erwähnt er den Punkt ein drittes mal. Scheint ihm wichtig zu sein, damit sein “zivilisatorisches Projekt” weitergeht :)

S. 175 oben

“Rahmenbedingungen so ändern, dass zB die Flugreise nicht immer günstiger ist als die Bahn” da hat er paar echt coole Beispiele. Co2 Steuer wäre ein anderes Beispiel. Naturli Streichfett druckt sein CO2-Fußabdruck auf die Packung! Für mehr, siehe dazu meinen Blog-Artikel: write.as/aligyie/netzfund-juni-2018 ;)

S. 188

Heterotopie sehr cool. Nikolai Kondratieff, sehr coole drei Punkte. Wieder was gelernt :) Bei dem einen musste ich direkt an Genossenschaften denken. Nachtrag: Und tatsächlich, später erwähnt er es: Er hätte gern eine Gesellschaft, die es ermöglicht, dass Banken Genossenschaften sein können, Landwirtschaftsbetriebe Aktiengesellschaften, usw... (–> S. 226, sehr cool!)

S. 189

Das mit dem Schultaxi super simpel und super cool!

S. 201

Cooler Heimatbegriff! “Heimat ist dort, wo es nicht egal ist, ob es mich gibt”

S. 208 ff.

80/20 richtig coole Idee. Tatsächlich ist in der Silicon Valley IT Welt, die Idee recht verbreitet, dass der Softwareentwicker 1 Tag in der Woche in sich selbst investieren sollte/darf (also frei ist von der täglichen Arbeit und sich selbst weiterbilden kann) Manche Firmen (z.B Opera, der Browser aus Oslo) gehen soweit, dass die Entwickler 1Tag in der Woche für ein OpenSource Projekt ihrer Wahl arbeiten. Und das finde ich richtig cool, weil genau das bringt unsere Gesellschaft weiter! Auch habe ich mich schon oft gefragt, warum nicht im Lehrplan im Studium drin steht, ein Wikipedia Artikel zu verfassen oder aufzupeppen. Vor allem gegen Ende des Studiums waren nur zu sehr wenig Spezialthemen bei Wikipedia vertreten (und noch weniger auf Deutsch). Nicht nur durch Wikipedia kann man sein Wissen teilen, sondern frei nach Humboldt, ein Gewissen Teil der Studienzeit in Lehre zu investieren zB für jüngere Studenten oder andere Fachbereiche oder auch außerhalb der Uni selber. Auch gefällt mir dieses “ehrenamtliche Grundeinkommen”. Ich könnte mir vorstellen, dass so etwas schon heute mehrheitstauglich ist: Also so nach dem Motto “engagiere dich 2 h am Tag für einen Verein deiner Wahl und wird Zahlen dir Essen und Miete”. Umstrittener finde ich dieses “liberalen bedingungslose Grundeinkommen” aus dem Silicon Valley. Hier muss man aufpassen, dass solche Regelungen den Sozialstaat effektiv nicht abbauen. So sollte man sich immer überlegen, wie das zB mit Behinderten oder Kranken ist, die evtl. einen höheren Bedarf haben und nicht mit einem Pauschalbetrag abgefrühstückt werden können. So muss man wirklich vorsichtig sein, wo genau Bürokratie abgebaut werden kann. (Nachtrag: Welzer hat dazu später noch ein ganzes Kapitel, wo er sich deutlich positioniert)

S. 216 – 218

haha noch so ein geiler Einschub über Jeff Bezos :D “Mit Warp-Geschwindigkeit elektrische Zahnbürsten geliefert bekommen, [..] SUV-Raketen, [..] AIDA-Krypton, [..] Mozartquote” – haha ich werf mich weg xD Das fand ich so cool, dass ich die 3 Seiten abfotografiert habe und allen möglichen Leuten geschickt habe :D

S. 226, “open source, Wikipedia, Linux”

schon cool, dass er immer wieder diese Positivbeispiele erwähnt. Obwohl er ja eher als Technologie- und Digitalisierungskritisch gilt, kennt er sich recht gut aus und weiß auch seine Vorteile zu schätzen. Wie z.B. auch das mit diesen vorher erwähnten modernen dezentralen Fabriken... weniger Mobilitätsaufwand und das schafft Kapazitäten für mehr sinnvolle (ehrenamtliche) Arbeit. Weniger schwere Arbeit, weniger Bullshit jobs. Insgesamt deckt sein Buch ein sehr breites Spektrum ab. Von IT, Verhaltenspsychologie über Geschichte der Grenzen bis hin zu klassische Gesellschaftsthemen – alles dabei :)

S. 243, Transition-Towns

sehr cool – War schon in Auroville und Findhorn zu Besuch, fand ich ultra spannend solche Orte zu besuchen. Such mal UNBEDINGT nach Krishna McKenzie und schau dir mindestens das Fukuoka Video an: https://youtu.be/y0xmEDq3NIs !!!!!!! Unglaublich, wie dieser Mann eine Begeisterung auslösen kann. Meine Schwester und ich kennen ihn persönlich und er fasziniert mich jedes mal aufs Neue! Btw, Ich habe seiner Tochter zum Geburtstag mein zu kindheitstagen geliebtes “Where's Wally” Buch geschenkt :D

S. 281, Holz-Hochhaus

Eine sehr coole Entwicklung, die ich mitverfolge! Beinahe wäre ich nach Heilbronn zur Bungesgartenschau gefahren, um das Holz-Hochhaus zu sehen :D (Wien hat ein noch höheres)

Paar abschließende Worte

Insgesamt kann mir richtig gut vorstellen, wie er mir das so bei einem Glas Rotwein erzählt. Geile Mischung zwischen cooler Umgangssprache und präzisen Formulierungen, die dann auch irgendwelche mir nicht so geläufigen Fachbegriffe beinhalten (normatives bla, normatives blub :D)

Todo-Liste:

Was nach dem Lesen des Buches bleibt, sind viele Ideen und unter anderem folgende Punkte, die ich mir näher anschauen möchte: – S. 70, samoanischem Fischfang, Bregenzerwälder Holzbau – S. 215, futur zwei taz Jan Böhmermann Interview lesen – S. 214, Städtenetzwerk ICLEI; Sustainable Solutions Network; Wissenschaftskonsortium Future Earth; Dirk Messner Weltzukunftkonferenz 2020 – S. 225, Vierzig Haus in Langenlois – S. 227, Ökonomin Mariana Mazzucato, das Kapital des Staates – S. 242, Erik Olin Wright (Welzers theoretisches Fundament) – S. 243, Hans Diefenbachers Wohlfahrtsindex – S. 243, Rob Hopkins – jetzt machen (Transition-Town Gründer) – S. 245, Benjamin Barber – if mayors ruled the world – S. 246, Vorzeigesmarthome – Berliner Fasanenstr (Leute sind freiwillig ausgezogen) – S. 280, interessante Veranstaltungen und Firmen: Climate Action Summit (San Francisco), Global Convenant of Mayors (9000 Bürgermeister), RE100 (2000 Unternehmen), Bonn Challenge (2011), New York Declaration on Forests (2014) – S. 280, Kongo Tribunal Film von Milo Rau anschauen