Sushi Bike (Gen. 1)

Heute möchte ich zum Ende der Fahrradsaison (ja ich weiß, Schönwetterradler, Warmduscher und Schattenparker ...) meine Erfahrungen mit dem Sushi Bike (1. Generation) schildern, das ich im Frühjahr im Rahmen des Jobrad Programms bei meinem Arbeitgeber erworben habe.

Warum Sushi, erstens war es billig (im Vergleich zu anderen Jobrad- Angeboten), zweitens gefällt mir das Design und drittens gab es verschiedene Rahmengrößen zur Auswahl, was für mich als groß gewachsene Person mit langen Beinen ein wichtiges Kriterium war.

Das Rad wurde wie versprochen “zu 90% fertig montiert” angeliefert und die Endmontage incl. Einstellen der Bremsen und Montage des Zubehörs (Schutzbleche, Gepäckträger, Ständer, Licht und ein Gelsattel mit Federstange) war an einem Nachmittag erledigt. Alle Montageschritte sind bei Sushi hervorragend mit Videos dokumentiert und auch für Nichthandwerker gut nachzuvollziehen. Und trotz weitgehender Vormontage bleibt das gute Gefühl, sich ein Fahrrad sozusagen selbst gebaut zu haben.

Die Verarbeitung wirkt hochwertig und auch das Fahrgefühl ist super, wenn man die dünnen Reifen erst mal richtig aufgepumpt hat und zwar wirklich auf mindestens 4,5 bis 5 Bar (am besten Akku Luftpumpe verwenden). Hier sind wir beim ersten kleinen Kritikpunkt, die Handhabung der französischen Ventile mit auf und zuschrauben und Adapter ist ziemlich frickelig, “normale” Fahrradventile oder noch besser Autoventile wären mir lieber gewesen.

Das Fahrgefühl ist wie gesagt sehr gut, das Sushi ist sehr leicht für ein E-Bike und fühlt sich mit den Rennradreifen und dem relativ tiefen Lenker agil und sportlich an. Die Motorunterstützung lässt sich in 3 Stufen gut regeln, und bei langen Steigungen oder Gegenwind fährt man entspannt an “konventionellen” Radfahrern vorbei. Sollte doch mal ein Hindernis auftauchen, sorgen die (mechanischen) Scheibenbremsen für gute Verzögerung. Kurzum, das Fahren mit dem Sushi Bike macht wirklich Spaß, vor allem im Vergleich zu meinem alten Fahrrad.

Die angegebene Maximalreichweite von ca. 40km scheint realistisch (nach 30km wurde noch entsprechende Restkapazität angezeigt) und dank des geringen Gewichts lässt sich das Bike im Notfall auch ganz gut ohne Motorunterstützung bewegen, außerdem fallen die Ladezeiten angenehm kurz aus, die Maximaldauer bis 100% beträgt 3 Stunden und in der Praxis ist das Gerät für einen normalen Kurztrip in ca. 30 bis 60 Minuten fahrbereit.

Leider gibt es aber auch ein paar Kritikpunkte.

Die fehlende Gangschaltung in Verbindung mit einem schwachen Motor (200W/10Nm gegenüber den üblichen 250W/40Nm bei Einsteigermodellen) führt bei ernsthaften Steigungen schnell zu Problemen, und damit ist keine Alpenüberquerung gemeint sondern alles ab ca. 7-8% Steigung, darüber muss ich aus dem Sattel oder schieben. Das mag auch daran liegen, dass ich und das Fahrrad doch sehr am oberen Ende des zugelassenen Gesamtgewichts liegen aber für bergige Gebiete oder Städte (Stuttgart) ist das Sushi definitiv nicht geeignet.

Dazu kommt, dass die Reisegeschwindigkeit bei angenehmer Tretfrequenz eher so um die 22 km/h liegt, anstatt der maximal zugelassenen 25 km/h. Das ist an und für sich kein Problem, fährt man allerdings zusammen mit anderen E-Bike Besitzern (wie z.B. meiner Frau mit ihrem 700€ 3-Gang Kaufhausrad), wird man schnell abgehängt.

Auch unbefestigte Wege oder Schotterpisten machen mit dem Sushi Bike keinen Spaß, man wird kräftig durchgeschüttelt und hat (zumindest gefühlt) wenig Halt in Kurven, die Geländetauglichkeit liegt wegen der sehr dünnen Reifen eher auf Rennrad Niveau.

Fazit

Dass man bei einem Grundpreis von knapp 1000€ Kompromisse eingehen muss, kann ich verstehen, und mit vielen Entscheidungen der Sushi Macher (geringeres Gewicht vs. kleinerer Akku / “Light” Motor) kann ich gut leben. Die fehlende Gangschaltung ist aber meiner Meinung nach ein echter Konstruktionsfehler, mit einer simplen Dreigangschaltung ließen sich die meisten Nachteile leicht kompensieren.

Ja, das Sushi ist für die Stadt konzipiert aber auch da will man vielleicht mal (langsam) eine Überführung hochfahren, oder über einen Hügel, ohne gleich aus dem Sattel zu müssen.

Dafür ist das Fahrrad an sich und die nicht elektrischen Komponenten ziemlich hochwertig und sieht im Vergleich zu den üblichen “Partnerlook” City E-Bikes auch wesentlich besser aus.

Ich würde das Sushi Bike definitiv nicht nochmal kaufen, zumal auch beim neuen Modell “M2” die genannten Kritikpunkte nicht behoben sind. Aber wenn Ihr Single seid (zumindest E-Bike technisch), nicht mehr als 60kg wiegt und/oder in einer WIRKLICH flachen Umgebung wohnt könnte das Sushi durchaus eine interessante Alternative zu gängigen Einsteiger-Modellen sein.