Es ist schöner, in nordwestlicher Richtung aus Berlin hinauszufahren, als in südwestlicher Richtung, dachte ich heute wieder, als ich in nordwestlicher Richtung aus Berlin hinausfuhr, an Alt-Tegel vorbei, durch Heiligensee und schließlich über die ehemals vermauerte Grenze hinweg. Im Grunewald und am Wannsee stinkt alles so fürchterlich nach Geld, auch die Kollegen Radler, die da ihre Wahnsinnsrennmaschinen herzeigen, ich fühle mich da immer leicht fehl am Platze. Im Nordwesten hingegen radelt man weitgehend allein dahin, rechts der Wald, links die ganz normalen Eigenheimträume, sauber aufgereiht und ohne falschen Pomp. Nichts weist daraufhin, dass dies hier die crazy Weltmetropole Berlin ist, es könnte irgendwo sein, eine ixbeliebige Vorstadt, mir gefällt sowas.

Dann auf der anderen Seite der Havel wieder runter Richtung Spandau, ein Stadtteil, dessen riesenhafte Ausmaße mich immer wieder von neuem verblüffen. Da sitzt ganz hinten im Hirn noch die kindliche Vorstellung, gemäß der das Wort Spandau nichts anderes als ein Gefängnis bezeichnet, in welchem nur ein einziger Gefangener sitzt: Rudolf Heß. Stundenlang konnte ich mich als Kind mit dem Gedanken gruseln, wie der letzte Nazi als uralter Greis alleine in Spandau sitzt und einfach nicht stirbt, ein Verfluchter, unsterblich, zu ewigem Leben mit unverzeihbarer Schuld verdammt.

Er starb dann doch.