Eine Regel. Zwei Worte. Nicht mehr. Nicht weniger.
Südanlage, Geburtshaus. Ein Pressen. Ein Schrei. Der Letzte. Schmiere, Blut. Zu viel. Fließt, spritzt. Schneiden, absaugen. Ein Ruck. Ein Schrei. Der Erste. Halb Waise. Leben vergeht. Leben entsteht.
Ich hasse alles an Puffs. Die Beleuchtung, die Wärme das Billige, den Geruch, das Abgewetzte, Oberflächliche, die Nutten. Vor allem die Nutten. Ich lehne in der Hofeinfahrt und blicke dem entgegen, was mir gleich bevor steht. Die Zigarette schmeckt schal und eklig. Zischend landet sie in einer Pfütze. Ich gehe los. Durch den Nieselregen, auf den rot und blau beleuchteten Fickbau zu.
Er braucht sie nicht zu suchen. Er findet sie. Möglichkeiten, poröse Stellen, Durchgänge. Dann schlägt er zu.
Der nächtliche Himmel ist wolkenverhangen, kein Mond und kein Stern leuchten von oben. Neben ihr liegt das Wäldchen, von dem sie nur die vorderen Büsche und Bäume ausmachen kann, bevor die Dunkelheit alle Konturen verschluckt. Auf der anderen Seite ihres Weges fließt der Fluss, träge wie ein perfekter, schwarzer Spiegel. Die Lampen am Ufer scheinen heute schwächer und stehen viel weiter auseinander als sonst, nur kleine Inseln aus trübem Licht.
Das Bremspedal schlägt am Boden auf. Muskeln verkrampfen. Hände versuchen zu greifen. Hintern heben sich von Sitzen. Zähne schlagen aufeinander. Die Nadel rast dem Nullpunkt entgegen. Schuhe verlieren den Grip. Kommen ins Rutschen. Hände vergeben den rettenden Halt. Gewicht, plötzlich ungesichert. Reifen blockieren, drehen ein Stück, blockieren und drehen sich wieder. Kommen zum Stillstand. Fliehkraft rammt die hilflose Trägheit der Masse. Prallt gegen die Scheibe. Erst Hände. Dann die Nase. Ein Labyrinth aus millionen Kreuzungen. Entsteht. Vergeht. Noch bevor das Blut zu schießen beginnt. Tascheninnereien nehmen Fahrt auf. Füße in der Luft. Hände auch. Zeitlupenfiguren. Zusammen mit abertausenden Glasmeteoriten. Mikrostroboskopische Fliegerasse werden zu Chaos. Auf dem Boden, auf Sitzen, in Haaren, Ausschnitten, Taschen, Mündern, Kinderaugen. Zacken ritzen, schneiden, färben sich rot. Dröhnen wie Starkregen. Sitze werden überschlagen. Finger beim Aufsetzen, biegen und brechen. Die Flugmasse verlangsamt beim Aufprall, wieder verkörpert. Staucht, reisst, schürft auf, blutet, zerschindet. Kracht, knackt. Stirbt letztlich. Abschiedsblut versickert in Ritzen. Herrschaft absoluter Stille. Kurz. Bevor das Stöhnen beginnt.
Allein die Ankündigung von „no time to die“ zieht mich, trotz über einjährigen Kinoaushungerns, nicht direkt vor die große Leinwand. Dafür waren die Craig-Filme der letzten Jahre zu repetitiv, zu bemüht. Deshalb wage ich, ohne auch nur den Trailer, geschweige denn den Film, gesehen zu haben, hier eine Voraussage von James Bond Teil 25:
Karlsgartenstraße 3. Peter schreckt schweißgebadet auf, plötzlich weiß er, dass er jetzt los muss. Sofort. Er knipst die Nachtischlampe an, reißt sich die Bettdecke von den Beinen und springt auf. Noch in der Drehung vom Bett herunter angelt er nach seiner Hose auf dem Stuhl neben sich.
„Was ist los?“, fragt eine müde Stimme von der linken Seite des Bettes.
„Nichts, schlaf weiter! „, raunzt Peter zurück. Hastig zieht er sich ein paar Socken an. Er registriert, dass die Farben nicht zusammenpassen, ist aber schon damit beschäftigt, einen Pulli aus dem Haufen zu zerren.
Yi hat ihre Beine fest um das Gestänge geschlungen. Sie hält sich mit aller Kraft so sicher wie möglich und ist nahe davor, einen Krampf zu bekommen. Vor sich blickt sie in den lichten Tunnel, den der Ausleger des Krans bildet. Rotes, dickes Gestänge, kalt von der Nacht und taufeucht vom heraufziehenden Morgen. Hinter ihr ist nichts mehr, Yi sitzt auf der Grenze zum Abgrund.